Momentan hat der Landkreis 4,82 Stellen für die Flüchtlings- und Integrationsberatung. Wegen der Änderung einer Richtlinie droht der Verlust von über 3 Stellen. Damit wollen sich die Wohlfahrtsverbände nicht abfinden.
Daher hatten die AWO, Caritas und das Sozialteam (Paritätischer Wohlfahrtsverband) zu einem Treffen ins Landratsamt eingeladen. Die Verantwortlichen schilderten zusammen mit Landrat Wolfgang Lippert und Oberregierungsrätin Regina Kestel den Landtagsabgeordneten Annette Karl (SPD) und Tobias Reiß (CSU) die aktuelle Entwicklung. Am Ende sorgte Reiß doch für etwas Erleichterung.
„Es ist ein heißes Thema, das Sorgen weckt“, eröffnete der Landrat. Er machte deutlich, dass die Flüchtlings- und Integrationsberatung ein wichtiger Baustein für die Integration von anerkannten Flüchtlingen sei. Zudem bezeichnete Lippert die Beratung als gute Hilfestellung für die Asylbewerber in deren Verfahren. „Ich denke, diese Arbeit trug und trägt auch viel dazu bei, dass die ‚Flüchtlingskrise‘ im Landkreis ohne große Probleme bewältigt wurde beziehungsweise wird.“
Im Landkreis Tirschenreuth sind in diesem Bereich die drei genannten Wohlfahrtsverbände tätig. Die Flüchtlings- und Integrationsberatung wird vom Freistaat Bayern mit bis zu 80 Prozent gefördert. Bisher wurden im Landkreis 4,82 Stellen – davon 2,88 bei der AWO, 0,97 bei der Caritas und 0,97 beim Sozialteam gefördert. Nach der neuen Beratungs- und Integrationsrichtlinie (BIR) werden aber ab 1. Januar 2019 nur noch 1,75 Stellen im Landkreis Tirschenreuth gefördert. In Bayern gebe es nur vier Gebietskörperschaften, bei denen – in absoluten Zahlen gerechnet – mehr Stellen wegfallen würden, wusste der Landrat.
„Uns ist weder klar, um welche Stellen es sich handeln soll, noch sehen wir angesichts der Fülle der zu bewältigenden Aufgaben irgendeinen Ansatzpunkt, um Stellen reduzieren zu können“, machte Caritas-Geschäftsführer Jürgen Kundrat deutlich. Eher wäre ein Ausbau der Kapazität erforderlich, um auch die Begleitung vorhandener ehrenamtlicher Strukturen weiter leisten zu können. Hauptaufgabe sei aber die Beratung der Flüchtlinge bei dem Thema Wohnraum und die weitere Begleitung im Alltag.
Kestel erläuterte, dass die Kürzung der Stellen nach der Auswertung aus dem Ausländerzentralregister erfolge. Dabei würden die Länder Syrien, Afghanistan, Eritrea, Irak und Nigeria doppelt gerechnet. In diesem Zusammenhang kritisierte Kundrat, dass bei der Berechnung nicht die hier lebenden EU-Ausländer enthalten seien. Dabei verwies er auf die rund 650 tschechischen Staatsbürger, die im Landkreis leben. „Zu einem großen Teil sind diese auf Leistungen bei der Integration angewiesen und auch dazu berichtigt“, sagte der Caritas-Geschäftsführer.
Maria Staufer (Caritas) ergänzte, dass geduldete Flüchtlinge ebenfalls nicht in der Zielgruppe berücksichtigt würden. Zudem wurde darauf verwiesen, dass Tirschenreuth ein Flächenlandkreis sei. Einen weiteren Aspekt brachte Thomas Fehr vom Sozialteam Nordoberpfalz ein: „Durch die Streichung der Stellen würde sehr viel Detailwissen verloren gehen.“
In dieselbe Kerbe schlug AWO-Kreisgeschäftsführerin Angelika Würner: „Ohne die Fachkräfte wäre die Beratung zeitlich nicht mehr zu schaffen.“ Und ihr Kollege, AWO- Kreisvorsitzender Thomas Döhler, verwies darauf, dass die Wohlfahrtsverbände immer wieder extrem in Vorleistung gehen würden. „Das Geld vom Freistaat kommt immer sehr spät.“ Er sprach wegen der möglichen Streichung von einem großen Vertrauensbruch.
„Es zeigt sich, dass ein Ehrenamt nur gut funktioniert, wenn es von Hauptamtlichen getragen wird“, sagte Annette Karl. Hauptproblem sei die Nicht-Berücksichtigung von Geduldeten. Tobias Reiß war es ein Anliegen, die gut laufenden Strukturen aufrechtzuerhalten. Es gehe um eine bedarfsgerechte, bayernweite Verteilung des Geldes, das nicht gekürzt werde. Für 2019 habe aber Innenminister Joachim Hermann in Aussicht gestellt, dass die aktuellen Stellen im Bereich der Flüchtlings- und Integrationsberatung im derzeitigen Umfang gefördert werden können. Daher gebe es auch im nächsten Jahr im Landkreis 4,82 geförderte Stellen.
„Damit haben wir Zeit gewonnen“, erklärte Landrat Lippert. Mit Blick auf 2020 sei es wichtig, die aufgeführten Argumente (Geduldete, Tschechen, Flächenlandkreis) vorzubringen. Diese Punkte sollten die Abgeordneten bei den verantwortlichen Gremien platzieren.